Bruichladdich Waves – Ein Laddie aus den 2000er Jahren

Ich glaube, über die Islay-Brennerei Bruichladdich braucht man nicht mehr viele Worte verlieren, da sie den meisten Whisky-Freunden wohlbekannt ist. Mindestens genauso bekannt ist ihr langjähriger Master-Destiller und Master-Blender Jim McEwan. Mit seinen Abfüllungen und Kreationen sorgte McEwan weltweit für Aufmerksamkeit und auch auf Tasting-Events weiß er durch seine unnachahmliche und unterhaltsame Art immer wieder zu begeistern (siehe auch diesen Blogeintrag).
Ab dem Jahr 2000 bis ins Jahr 2015 war Jim McEwan bei Bruichladdich tätig und brachte zusammen mit Mark Reynier und vielen anderen die verfallene und wenig beachtete Bruichladdich-Destille auf eine Erfolgsspur, wie sie es sich selbst wohl nie erträumt hätten. „Progressive Hebridean Destillers“ war schon bald ihr Slogan und diesem machten sie im Sinne von fortschrittlich und freigeistig alle Ehre. Bruichladdich war Anfang der 2000er Jahre eine der ersten Destillen, die neben dem damals schon zum Standard gewordenen Sherry-Fass-Finish, viele weitere Finishes in Port-, Madeira- und weiteren Weinfässern ausprobierten. Damals rümpften die etablierten Destillerien noch die Nase und meinten dies wäre Blödsinn. Heute kann man sich vor verrückten Fass-Finishes kaum retten.
Wer auf der Suche nach einer Flasche Bruichladdich aus eben dieser Zeit ist, der kann sein Portemonnaie schon ganz schön strapazieren. Hier muss man teilweise bis zu 4-stellige Preise zahlen. Umso überraschter war ich Ende letzten Jahres, als mir eine Flasche Bruichladdich Waves aus dem Jahre 2005 für 70 Euro in die Hände fiel. Da musste ich doch gleich zugreifen. Zugegeben war ich etwas skeptisch, warum dieser nun so günstig zu haben ist. Nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass der Waves für einige Jahre (2005 – 2008) als preiswerter Einsteiger-Whisky auf den Markt gebracht wurde. Aber muss er demnach denn schlecht sein? Das galt es herauszufinden.
Bevor wir zur Verkostung kommen, noch ein paar Eckdaten zum Whisky. Der Bruichladdich Waves bekam seinen Grundcharakter durch eine typische Bourbon-Fassreifung und lagerte dann noch einmal für einige Monate in Ex-Madeirafässern nach. Die gesamte Reifezeit wird hier mit sieben Jahren angegeben. Da es sich hier nicht um eine Einzelfassabfüllung handelt, ist also der jüngste verwendete Whisky sieben Jahre alt. Unsere verkostete Flasche wurde 2005 abgefüllt, ist wie die gesamte Serie, nicht kühlfiltriert und nicht gefärbt. Mit angenehmen 46 % vol Alkoholgehalt ist der Waves in die Flasche gekommen. Im Glas schimmert der Whisky wunderbar goldfarben.
Nase: Die ersten Eindrücke gehen in die Richtung warme Brötchen, Hefeteig und Getreide. Darauf folgen dann erst dezent und schließlich zunehmende Fruchtaromen von Aprikosen und frischen Orangen- oder Zitronenschalen. Nach längerem Riechen kommen schön Gewürznoten von Vanille, Kakao und Kaffee durch sowie ein pfeffriges Aroma, was ihm in der Nase eine leichte Schärfe verleiht. Und dann kommt etwas, womit ich beim Bruichladdich nicht gerechnet habe, da ich es von den neueren Abfüllungen überhaupt nicht kenne. Rauch!!! Eine minimale Rauchnote kommt hier zum Vorschein und legt sich dezent über alle anderen Aromen. Offensichtlich hat man bei dieser Abfüllung dezent rauchige Laddies hinzugefügt. Im ersten Moment ungewöhnlich, wenn man die Brennerei kennt, aber es passt wunderbar zu den vorigen Aromen und verleiht der ganzen Nase eine großartige Komplexität.
Geschmack: Im Mundraum beginnt der Dram wie er angefangen hat, mit der leichten Rauchnote und jetzt einem sehr kleinen Anteil Jod. Dieser Rauch wird als nächstes ergänzt durch die Getreidenoten, die wir schon in der Nase hatten. Nun kommt leicht angebrannter Kuchen dazu sowie wieder die pfeffrige Schärfe. Der Mund wird hier sehr wässrig und der Dram entwickelt ein sehr tolles Gefühl am Gaumen. Und zum Ende hin kommen nun, die schon der Nase versprochenen, Fruchtnoten wieder zum Vorschein. Allen voran wieder die Zitrusnoten sowie ganz am Ende getrocknete süße Früchte. Sehr lecker.
Abgang: Der Abgang ist lang. Die getrockneten Früchte bleiben lange im Mund. Nun kommt am Ende eine sehr herbe, ja fast bittere Note zum Vorschein. Der sehr herbe Abgang kommt schwer und lang daher und will irgendwie nicht so recht zum vorher doch recht leichten, fruchtigen Whisky passen.
Fazit: Der Bruichladdich Waves ist sicher kein Meilenstein in der Whisky-Welt, aber es ist trotzdem ein sehr schöner Whisky, der sehr viele neuere Abfüllungen in den Schatten stellt. Für einen Preis von 70 Euro habe ich hier einen sehr guten Whisky bekommen. Wer Interesse an diesem Schmuckstück hat und gerne nochmal einen „alten“ Laddie probieren möchte, der hat hier tatsächlich noch Chancen eine dieser Abfüllungen zu ergattern. Es sind im Internet bei einigen Händlern sowie einer bekannten Auktionsplattform noch einige Flaschen dieses Tröpfchens zu moderaten Preisen erhältlich.